Mittwoch, 29. Jänner 2020 - Galapagos Tag 3

Wieder treffen wie einander zu früh und müssen auf den Transport warten, aber wen stört’s: Deutschsprechende und ein paar Franzosen. Für heute ist ein Spaziergang auf North Seymour vorgesehen. Die Guides sagen: lange Hosen, gute Schuhe und Sonnenschutz sind wichtig. Für alles andere sorgen sie. Viele der Mitreisenden wissen es besser: schlechtes Schuhwerk, kein Sonnenschutz, kurze Hosen. Wie dem auch sei: der Spaziergang war ein Vergnügen.

Um nach North Seymour zu kommen, müssen wir die Insel queren. 43 Kilometer, eine Stunde. Dann mit einem Schiff das uns langsam, aber sicher nach North Seymour bringt. Am Oberdeck gibt’s sechs Plätze rund um den Platz des Kapitäns Manuel. Dort ist es gut auszuhalten. Ich habe springende, fliegende Fische, Haie und mir unbekannte Fische gesehen. Die Anlandung wurde mit einem Schlauchboot gemacht und sehr gut unterstützt. Alle an Land. Wir gehen.

Der Boden der Insel ist flach. Sie ist vulkanisch, der Boden besteht aus Vulkansteinen, die spitz und kantig sind. Da es auf der Insel nie regnet schleifen sich die Steine nicht ab. Wir gehen einen abgesteckten Weg, weiß-schwarze Holzpflöcke markieren die erlaubte Strecke. Es dürfen pro Tag nur 3 Gruppen à 20 – 30 Menschen auf die Insel. Wir sind heute die ersten. Sofort sehen wir einen Seelöwen. Neben dem Tier, das auf einem Felsen röhrt ist ein kleines Seewasserbecken in dem ein Seelöwenbaby und ein großer Seelöwe schwimmen. Es ist lustig zuzusehen wie sie sich bewegen. Für ein Fotos ist es zu weit weg.

Der Blaufußtölpl ist die zweite Attraktion der Insel: er hat wirklich ganz blaue Füße, sie leuchten wie Sneakers für Kinder. Wir sehen ihn an mehreren Stellen, einmal wie er über seinem Gelege steht, um die zwei Eier zu kühlen. Wir werden belehrt, dass es von der Temperatur abhängt, ob ein Küken sich zu einem männlichen, oder weiblichen Tier entwickelt. Werden die Eier zu heiß, verdirbt das Ei. Deshalb steht der Tölpl in der Mittagshitze auf in der die Sonne senkrecht über ihm und uns steht. Die Äußeren Feder spreizt er weg, so dass er sich selbst kühlt und den Eiern noch mehr Schatten gibt.

Manche unserer Mitreisenden verbrennen. Sie haben sich nicht, oder zu wenig eingeschmiert. Wir sind einem Hinweis des Guides nachgegangen und haben Sonnenschutzcreme mit SPF 100 gekauft. Ich wusste nicht, dass es das gibt. Manche stolpern, weil sie unsicher sind, oder schlechte Schuhe haben. Wir sind eine Gruppe alter Menschen, die die Ratschläge der jungen Guides ungern befolgen.

Die Fregattenvögel, die wir in den Häfen bewundern wie sie über uns kreisen, sind Kleptomanen. Sie haben keine Drüsen, die Öl erzeugen, dadurch ist es ihnen unmöglich Fische zu fangen. Sie können nicht tauchen. Was machen sie daher: sie warten bis ein anderer Vogel sei es eine Möwe, oder ein Tölpl einen Fisch im Maul hat und den bestehlen sie. Das scheint erfolgreich zu sein. Auf North Seymour gibt‘s Fregattenvögel aller Altersstufen: Babys, Kleinkinder und große Kinder. Zu Mittag sitzen sie auf Ästen so ausgerichtet, dass ihnen der Wind vom Meer in den geöffneten Mund weht und sie schlucken den Wind. Das kann man sehen und hören. So kühlen sich die Vögel. 

Damit habe ich die Fauna der Insel geschildert. Sie waren außergewöhnlich. Je schlechter meine Kolleg*innen ausgerüstet waren, desto mehr hatten sie auszusetzen. Hugo hatte keinen Sonnenschutz aufgetragen: er mag das pickige Zeug nicht. Beide Arme verbrannt. Petra, Schiffs- und Notfallärztin aus Deutschland, hatte auf die Reise ausschließlich Flip-Flops und Explorersandalen mitgenommen. Spitze Steinchen kamen in die Schuhe, sie rieben sie auf – sie fand, dass man wegen drei Tierarten nicht zwei Stunde in der heißen Sonne latschen muss. Antonio, am Anfang der Reise im Bus mit Blouson und Seidenschal als echter, adeliger Römer imponierend, hatte lederne Segelschuhe an. Marguerite bot ihm ihre Hand an. Er schlug sie aus. Ich überholte ihn. Er fiel nach hinten. Die Waden waren bereits sehr rot.

Nach diesen Erlebnissen fuhren wir schwimmen. Angeblich könnte man dort schnorcheln, aber es war ein Sandstrand und das Meer trübe. M. machte den Vorschlag zum Boot zu schwimmen. Es waren keine hundert Meter. Also los. Leider kam sie nicht an Deck, sondern brach sich beim Raufschwingen eine Rippe. Es muss furchtbar weh getan haben, ich hätte es voraussehen müssen. Der Kapitän sha es und holte zwei Mann der Besatzung, die sie rücklings wie einen Fisch aus dem Wasser hoben. Warum nicht gleich. Übermut unsererseits, Gedankenlosigkeit meinerseits.

In der Stadt Santa Cruz herrschte volles Leben: Am Hauptplatz spielten auf zwei Hartplätzen  zwei Teams bestehend aus je drei Männern Volleyball, wobei sie den Ball nicht mit den Fingerspitzen, sondern mit der ganzen Hand aufspielten. Rundum saßen hundert Menschen und feuerten das eine, oder andere Team an. Östlich davon auf einer kleinen Bühne erhielten 20 Mädchen von einer strengen Lehrerin Tanzunterricht. Die Begabteste davon hatte ein Tut-tu über der Leggin. Sie stand in der Mitte und tanzte vor. Sie wird vielleicht in die 2. Klasse Volksschule kommen, im Jänner sind Sommerferien. Wir tranken Milch aus einer Kokosnuss und löffelten sie danach aus. Es war eine lebendige, bunte und lustige Feierabendstimmung.

Unser Abendessen war einsam. Niemand wollte mit uns an einem Tisch sitzen. Entweder sie haben meine Schadenfreude gespürt, oder wir sind unsympathisch. Am ersten Tag länger schnorcheln als die anderen, besser mit den Guides können – schon verloren. Am zweiten Tag Spaß haben und nicht nörgeln. Alle vier Sprachen, wenn auch unterschiedlich gut sprechen – verloren. An keinem der drei Tische der unterschiedlichen Sprachgruppen hatte man Platz für uns, so blieben wir zu zweit. Angenehm, aber kein gutes Zeichen. Gegenseitige Verachtung, wir die anderen, weil sie zum Beispiel kein Trinkgeld geben, sie uns, weil wir unseres machen und nicht ihres. Wenn ich darüber nachdenke: dass ich den freigebliebenen Platz direkt hinter dem Buschauffeur eingenommen habe, der zwar keinen Fußraum bot und nur kletternd erreicht werden konnte, hat mir sicher auch nicht nur Sympathien eingebracht. Aber schön war’s dort.
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