Donnerstag, 27.Februar 2020 - Auckland

Die Hauptstadt Neuseelands. Wir treffen Ch. mit ihrem Sohn, die wir aus Graz kennen. Sie waren zweimal in Graz. Das erste Mal als Cha. vier Jahre alt war zur Sondenentwöhnung in der Klinik, das zweite Mal im letzten Herbst, damit er etwas Anderes essen lernte, als nur seine „Suppe“. Wir setzen in der Früh nach Devonport mit der Fähre über, sie holten uns ab und führten uns durch ihren Stadtteil, dann gab’s ein Glas Wasser in ihrem klassisch englisch eingerichteten Haus mit einem Pahutakawabaum im Garten. Er blüht zu Weihnachten mit roten Blüten, danach bildet er Samen aus, die die Tiere essen. Danach hatten wir mit der Oma des Kindes Lunch im Cafe Capellini ihrem Lieblingslokal. Umarmung, Umarmung, Bussis und wieder in die Fähre. Danach treffen wir J. mit ihrem dreijährigen hörbehinderten Buben und dem genauso behinderten Kindermädchen. Die Kaffeehäuser sperren im Businessviertel um vier Uhr, daher gehen wir ins Mac Donalds auf der Main Road. Dort laden wir unsere Smartphones, schauen zu wie sich J’s Kind anpischt, sprechen in zwei Sprachen. Ich genieße die vielen jungen Menschen, die in ihren blau-weißen Uniformen aus der Schule kommen.

Wir landen. Wir erwarten uns in Auckland vor allem nette Kontakte. Zuerst gehen wir ins Maritime Museum. Wir sind die ersten Kundschaften, bevor sie aufsperren. Eine Dame von unserem Schiff ist zufällig auch dort. Sie ist voller Ärger und Vorwurf. Sie wäre lieber gestorben, als dass sie die Routenänderung über den indischen Ozean mitgemacht hätte. Wie man in unserem Alter so was sagen kann? Man stirbt doch sowieso bald. Im hiesigen Museum wollte sie J. Cooks Schiff sehen, aber als sie dann ankam fiel ihr ein, dass J. Cook‘s Schiff in Sydney aufgestellt wird. Also ging sie böse und auch unverrichteter Dinge wieder weg, komischerweise verabschiedete sie sich von uns. Nein, sagte sie da, das Meer würde sie nicht interessierten – sie wohne in Montpellier und da sein das Meer so nahe, deswegen und wegen den blöden Fischen würde sie keine Reise machen. Ich erspare ihr die Frage warum dann eine Schiffsreise?

Das Museum ist auf einem ehemaligen Anlegesteg gebaut. Aber nein – es ist immer noch ein Anlegesteg. 20-30 junge Menschen machen einen Ausflug mit einem Boot von dort aus. Sie sind mit on-board Koffern und Rucksäcken Gepäck an Bord gegangen – wo man sich auf so einem kleinen „Tenderboot“ umzieht, weiß ich nicht.

Drinnen sind die Schiffe der Maori im Original ausgestellt. Wir fragen uns wie das Wasser und das Essen transportiert wurde? Wie wurden 20 – 60 Menschen über Monate versorgt? Erklärt wird auf den Tafeln nur, wo sie sich entleert haben. Aber was, wo sie doch nur etwas Platz unter den „Sitzen“ haben, die aus Querstreben bestehen. Marguerite fragte beim Ausgang die junge Frau die Eintrittskarten verkauft. Sie weiß es nicht, was M. noch intensiver fragen ließ. Dabei hat sie das Gesicht ihres Vaters – wissenschaftliche Exploration. 

Ich habe nun neuseeländische Dollar und kaufe am Weg zur Fähre Reis mit Kongo-Chicken und Passionsfruchtlimonade. In Devenport empfängt uns Ch und ihr Sohn Cha. Wir fahren zu Aussichtspunkten und M. versteht die Architektur der Stadt. Auf einem stillen Vulkan gibt’s eine versenkbare Kanone für den Kriegsfall. Neuseeland wurde von allen Kriegen verschont, kein Krieg erreichte NZ. Ch’s Haus ist wie in London klassisch eingerichtet. Sie hat ein Studio im Vorderhaus, in dem sie Yoga- und Meditationsklassen abhält, den Menschen mit Klangschalen zu Träumen verführt. Im Garten arbeitet eine braungebrannte englische Freundin. Der Puhatakawabaum zieht sich schräg durch den Garten und wir sprechen über tree-surgeons, die in NZ gesucht sind und daher eine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis bekämen. Wie so oft interessieren wir uns für Auswanderungsmöglichkeiten, irgendwie immer am Sprung. Derzeit will Aaron wissen, ob ich NZ für einen schönen Punkt für sein Leben hielte? Er sucht ruhige und schöne Plätze. Da wäre NZ passend, ist auch nicht so reich und posch, wie Zürich, oder Melbourne. Cha. ist ein süßer sechzehnjähriger Junge. Er ist nur Liebe, wie viele Menschen die Down-Syndrom haben. Er küsst mich und streichelt mich, M. und seine Mama. Die Frauen reden über seine aufkeimende Sexualität, da mische ich mich nicht ein, wenn Frauen über Männersex reden. Das könnte ungut werden. Ich freue mich, dass wir ihm helfen konnten. Er hat in Graz Essen gelernt.

 

Dann treffen wir J. Sie ist Mutter eines Kindes mit Vacterl Syndrom. Sie macht viel für das Kind. Eine sehr bestimmte und ausgebildete Frau Ende dreißig, die zur Gebärdensprachedolmetscherin ausgebildet wird. Ihr Kind und das Kindermädchen sind gehörbehindert und so spricht sie mit uns Englisch, mit den beiden anderen Gebärdensprache. Wir sitzen im McDonalds und besprechen die nächsten Schritte. J’s Kind S. bekommt immer noch Wasser in die Sonde. M. sagt: Das muss aufhören. Ich bringe inzwischen Servietten für das Eis, das S. nicht isst und einen Löffel. J. klagt, dass S. in der Nacht aufwacht und sie nicht schlafen lässt. Mein Rat ist so alt, dass ich selbst erschrecke: Essen sie und geben Sie Essen. J. ist erstaunt und wird’s probieren. Das sind Momente, in denen wir die Reise kurz unterbrechen und mit Genuss ernten, was wir gesät haben. Auckland zeigt uns was wir nicht brauchen. Schnell gehende Menschen, viele haben Ohrstöpsel und das Smartphone in der Hand, Anwälte, die nach dem Büro ein Bier im Pub an der Ecke trinken und sich die Erfolge missgönnen, sie sind in Hemd und Hose. Bettler*innen, ein Ehepaar mit zwei kleinen Gitarren, die sehr nach einer Sekte aussehen mit Hund und eine Maorifrau, sehr mager, schaut wir eine opiumsüchtige aus, die mich für meine zwei Dollar segnet. 
Eine indische Familie setzt sich zu uns auf die Bank. Zwei Herrn. 
Der Sohn fotographiert und ruft plötzlich: „Alle vier haben einen anderen Hut auf!“ Da bitten wir ihn auch ein Foto mit unserem Smartphone zu machen. Das beste Foto des Tages.

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