Reisesplitter der Japanreise vom 08.01.-21.01.2024

 

Aufgemacht! Nun geht’s nach Japan. Vorher war von Mauritius in Rede, dann Malediven, weil der kleine Noah nach vielen anstrengenden Nachtdiensten als Anästhesist in die Wärme wollte. Dann siegte aber die Abenteuerlust und so sind wir mit kleinem, aber doch viel zu großem Gepäck in Japan gelandet.
Sicher, am Anfang stand die Economy Premium: man kann im Flugzeug fast schlafen, der Service ist viel, viel besser, aber die Schlaffunktion des Sessels ist so, dass Rückenschmerzen unausweichlich sind.
Wie überhaupt in der ersten Nacht, nachdem man sich todmüde um 21:30 ins Bett gelegt hat, die Fragen kommen: warum ich mir das in meinem Alter noch antue: warum ich nicht schlafen kann; warum ich Europa verlasse und was ich mit all dem Gepäck mache, aufkommen. Die psychische Angst vor dem allzubaldigen Tode kann man bewältigen, jedoch meldet sich immer mehr die von mir so bezeichnete „Kreatur (der Leib – auch der psychische)“, die, wenn sie erfährt, dass der Fußballkaiser Beckenbauer, den es doch immer schon gab und den es immer geben müsste, gestorben ist. Er war 4-5 Jahre älter – auch schon was! Wenn er stirbt, wird’s bei mir nicht ausblieben. Und wozu dann nach Japan mit kleinem Sohn fahren? Lebensverlängerung oder Spaß? Das „letzte Mal“?
Jetzt gilt es aber meinen Leserinnen und Lesern was Neues zu bieten: die japanischen Toiletten. Man geht im Flughafen Narita nichtsahnend auf die Toilette und sieht neben sich ein Schaltbrett mit gut leserlichen, aber unverständlichen japanischen Aufschriften. Kleine Bildchen versuchen dem des Lesens Unkundigen Anleitung zu geben. Ängstlicher Alter, der ich bin, drücke ich versuchsweise auf die Knöpfe, ohne auf Toilette zu sitzen. Es kommt eine Popo-Dusche heraus, einmal bespielt sie den ganzen Raum der Schüssel (Bidet-Einstellung), einmal gibt sie einen spitzen Strahl nach oben ab (Sprinkle – für Männer). So viele Reiseführer habe ich im Vorfeld gelesen, aber keiner erzählt über die Toiletten und deren Bedienung. Also: sie erledigen Ihr Geschäft und dann drücken Sie – je nach Geschlecht – auf den passenden Knopf und ihr Unterleib wird gewaschen. Vergessen Sie ja nicht die Stopptaste zu drücken, sonst setzen sie die Tiolette unter Wasser. Das wollen Sie nicht, Sie kommen sich ohnehin dauernd wie der Elefant im Porzellanladen vor. Anschließend sollten Sie – gesäubert – mit dem sehr weichen und nicht reibfesten (wozu auch) Papier ihren Unterleid trocknen. Sauber, erfrischend, unkompliziert – nur wissen muss man’s. Sie verlassen die Toilette, wie alle Japaner, nach unten schauend, ohne Aufsehen, aber perfekt. Wären Sie in einem Hotel hätten Sie nun zweimal die Patschen gewechselt, denn Toiletten in Häusern haben eigene Fußbekleidung.
Gehen wir zu anderen Überraschungen, die man am Anfang macht: Den Pass für den Zug muss man als allererstes lösen, sonst zahlt man schon für die 90-minütige Fahrt vom Flughafen Narita bis in die Stadt 100€. Also: elektronisch vorbestellen und dann Obacht! Sie brauchen ihr in den Pass gestempeltes Visum, um ihn abzuholen. Der Shinkansenpass ist keine Scheckkarte, sondern es ist ein grünes Stück Papier, das wir jede Reservierung oder U-Bahnkarte aussieht. Da Sie den Unterschied nicht lesen können, heißt’s wirklich aufpassen, das Stück Paper ist pro Woche über 1.110.-€ Wert. Sie können keinen zweiten Shinkansenpass für Ausländer bekommen, diese Türe öffnet sich nur einmal. Vom Anfang an beginnt der Kampf darum die Karte aufzubrauchen. Wenn Sie die erste Fahrt nicht benutzen, wird’s schwer.
Da muss ich an Franz Kafka denken und das Ende des Proszeniums zu seinem Roman: Der Prozess. Dort frägt der Suchende, im Sterben liegend, warum denn kein anderer Mensch zu diesem Tor kam, um Gerechtigkeit zu erlangen? „Jetzt“, so antwortet der Wächter, „da Du stirbst, schließe ich das Tor. Es wurde nur für Dich gemacht.“ Nie konnte der Suchende weiter als zu dem äußersten Wächter kommen, er sah sein ganzes Leben das geöffnete Tor durch das er nicht durchgehen durfte und sterbend sieht er wie es geschlossen wird.
Das Tor der Gerechtigkeit wird für jeden geschaffen und doch wissen wir nicht wie wir an dem ersten Wächter vorbeikommen können. Der Wächter macht uns auch keine Hoffnungen, sondern erzählt davon, dass es unendlich viele Wächter gibt, wenn man an ihm vorbeikäme. Die Gerechtigkeit würde man nie erreichen.
Der Pass wird nur einmal und nur an Touristen ausgegeben. Den kann man erreichen. Er ist nicht die Gerechtigkeit, wenn er auch viele Hürden auf dem Weg zu seiner Erreichung hat. Denn es ist ungerecht: ich habe ihn, ich sitze in einem Hotelzimmer in Tokyo und tippe. Dabei bin ein unendlich schlechterer Schreiber als Kafka und es macht mir keine Mühe mir geneigte Leser vorzustellen. Franz Kafka aber gab Max Brod den posthumen Auftrag alle seine Schriften zu verbrennen, weil sie ungenügend seien. Welche Seelenblähungen das Genie hatte? Da sind meine wie: wozu bin ich hergefahren, bin ich nicht schon zu alt dafür und wozu schreibe ich jetzt doch harmlos.
Gerne hätte ich noch unser Erstaunen berichtet, als wir die Ginza, eine Straße wie die Fifth Avenue, sehen. Hochhäuser beidseits, die fast ausschließlich italienischen Marken anpreisen: Ferragamo, Bottega italiano, Gucci, auch Dior- die meisten Marken des LVMH-Konzerns. Jetzt wissen wir, warum die so reich sind. Sie verdienen ihr Geld in Japan. Mädchen huschen kichernd in Plateauschuhe über die Straße. Sie brauchen sicher Designerkleider. Plötzlich verstehe ich warum bei den Golden Globe Awards die Kleidung der Stars so wichtig ist. Der rote Teppich führt zu Verkauf in Tokio. 

Japan Reise Tag 2
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