Schwierige Reise nach Osaka Seite wird noch erstellt.

 

 

Da lässt man mal was offen und das rächt sich. ES stimmt: Noah hat Yukushima immer wieder erwähnt. Ja, sogar Jane (Sie erinnern sich: die Rezeptionistin des Hotels in Kagoshima) hat gesagt, dass sie dort drei Tage war und einen Tag 10 Stunden gewandert ist. Und ja, er hat erzählt, dass man zirka zwei Stunden mit einem Speedboat hinfährt und ebenso zurück und dass es einen außergewöhnlich schönen und weltweit einzigartigen Wald gibt.
Das Wort „Speedboat“ hat in mir schlechte Erinnerungen an den Besuch der Maya-Beach in Thailand ausgelöst. Es sollte der schönste Strand der Welt sein, weil Leonard di Caprio dort im Film: „The Beach“ Glück erlebt. Vor drei Jahren fuhren Marguerite und ich zwei Stunden in einem kleinen Speedboat bei größter Hitze und äquatorialer Sonneneinstrahlung dorthin. Angekommen fanden wir hunderte Boote. Der Strand war von vielen Menschen und Booten verwüstet, unsere ältlichen Mitreisenden der Kreuzfahrt kamen mit dem Aussteigen schlecht zurecht, ein Mann fiel mit Kamera seiner ins Wasser. Ich ging in die einzige Imbisstube, nahm Kaffee, der furchtbar schlecht war. Das ersparte mir aber Fotos zu machen oder „Ah“ und „oh“ zu schreien. Stattdessen traf ich einen verzweifelten Fremdenführer und wir waren uns einig, dass das keine Attraktion sein könnte. Inzwischen ist der Strand gesperrt. Aus Naturschutzgründen, wie man sagt. In Erinnerung an diese Speedboatfahrt lehnte ich Yakoshima ab. Aber die Insel der tausendjährigen Bäume wird mit einem großen Schiff angesteuert, das nur gleich heißt. Überdies ist sie ein entlegenes Naturwunder und es gibt an sich nur Herbergen auf ihr, außer zwei sehr noblen und teuren Hotels. Ich habe schlecht aufgepasst, als Noah davon erzählte.
Als wir mit nicht wussten, was wir machen sollten, kamen wir zur Rezeption. Wir wollten den Shuttle zum Bahnhof nehmen. Jane übergab Jane Noah ein Kuvert. Sie hatte liebevoll ihre Erinnerungen an Yokoshima niedergeschrieben, einen Prospekt beigelegt, die Abfahrtszeiten des Boots und eine Liste der Hotels beigelegt, in der sie das von ihr empfohlene unterstrichen hatte. Am Weg zum Bahnhof, um nach Osaka zu fahren, überfiel mich FOMO: fear of missed oppotunities. Nie mehr werde ich in diese Weltgegend kommen; wozu in eine Stadt fahren? Was mache ich in Osaka? Noah stimmte plötzlich ein: ihm fiele auch nichts ein, was er in Osaka machen könnte/wollte/sollte. Dazu der herrliche, farbige Prospekt voller grünen Fotos alter Bäume und verschlungener Wege in einem fast unberührten Wald in dem man die ältesten Zedern der Welt sieht, die Hotels ganz einfache Ryokans mit Gemeinschaftsbädern, Natur, die man fast riechen konnte und herrlich warmes  Wetter des Südens!
Am Bahnhof angekommen, besorgten wir uns Reservierungskarten für den Shinkansen nach Osaka und gingen endlich eine Suppe frühstücken. Wir sind erst entscheidungsfähig, wenn wir gegessen haben und bewältigen dann jede Krise. Noah wurde ganz ruhig, bewältigte die Ausstellung der Reservierung an einem Terminal (ohne Beamten!), besonnen hatte er die Suppe mittels des Bahnhofplans gefunden. Jetzt konnten wir reden.
Hin und her wogte die Entscheidung. Das morgendliche Schiff hatten wir schon versäumt, wir hätten nur mehr das Mittagsschiff erreicht. Wandern – wir hatten fast keine der Ausrüstungsgegenstände, die im Prospekt empfohlen werden, Noah noch weniger als ich. Der entscheidende Satz fiel als Noah berichtete, dass man auf einem Segeltörn den weitesten Punkt am zweiten, spätestens dritten Tag erreichen soll, da sonst die Rückfahrt gehetzt wird. Wir fliegen aber am Sonntag zurück nach Europa und gestern war schon Mittwoch.
Also in den reservierten Zug. Zugfahren in Japan ist eine ununterbrochene Freude. Der Sitz bequem, die Menschen ruhig. Die meisten schlafen, kein lautes Wort. Die Welt drinnen und draußen haben nichts miteinander zu tun. Drinnen ist es ruhig und man sieht die Welt so schnell vorbeiziehen, dass man es nur kurz erträgt rauszuschauen. Ich schlafe, während ich das Hörbuch von Franz Werfel: „Die Kinder von Neapel“ in die Kopfhörer leite. Noah schaut sich Serien am Handy an, manchmal telefoniert einer von uns und der andere bedeutet ihm leiser zu sein, weil sonst niemand im Zug spricht. Der Schaffner verbeugt sich jedes Mal, wenn er in den Wagon Ein- oder Austritt tief, dabei schaut er zu Boden. Es ist ungewöhnlich für uns, eine Mischung aus Respekt, strenge Verhaltensregeln und Kontrolle. Automatisch setzte man sich aufrecht hin und stellt sicher, dass das Gepäck und die Überkleidung korrekt verstaut ist. Denn für schweres Gepäck hätte man ebenso buchen müssen, wie für einen anderen Sitz.
Osaka – wir erleben eine junge Stadt. Wie die Profis steigen wir vom Zug in die U-Bahn um, finden das gebuchte Hotel. Es wird uns ein Zimmer ohne Ausblick – direkt vor einer Häuserwand im 21. Stock zugewiesen. Das, obwohl wir um einen Ausblick über die Stadt gebeten haben. Ohne etwas zu berühren, gehen wir zur Rezeption zurück und bekommen ein ebenso kleines Zimmer im 23. Stock. Der Blick geht über die ganze Stadt, das Zimmer funktionell, die Toilette mit allem japanischen Komfort, das Bad perfekt eingerichtet. Sogar einen Schreibtisch haben wir, an dem dieser Text entstand. Im Erdgeschoss gibt’s Kaffee und Kuchen – das muss jetzt sein. Danach nimmt jeder ein Bad im Zimmer und wir gehen in die Stadt.
Der Geist des Tages schein besiegt, aber leider. Ich dachte wir gingen essen. Noah wollte zu einer speziellen Brücke im Essbezirk, die er aus dem Reiseführer kennt. Wir nahmen die U-Bahn, zwei Stationen, dann gings los: unglaublich wie viele, meist junge Menschen sich durch die Shopping-Arkaden drängen: es werden italienischen Luxuswaren ebenso angeboten, daneben Koffer, die angeblich um 60% reduziert sind; Kleidergeschäfte, Pelzmäntel, Jacken und Mäntel aller Arten; ein mehrgeschossiger Uniclo. Die Engstelle sind die Türen: sie sind für die vielen Menschen zu klein. Im dritten Stock werden Kosmetika zu reduzierten Preisen angeboten. Hunderte Chinesinnen kaufen dort ein, es gibt eine Kasse an der man die Mehrwertsteuer zurückfordern kann, da scheint das Warten keine Rolle zu spielen. Die Schlange der Wartenden ist wie ein chinesischer Drache entlang der Regale, vier Kassiererinnen nehmen Kreditkarten, Pässe und die Waren entgegen. In großen Säcken werden die Kosmetika verpackt – die sind nicht für den Eigenbedarf.
Endlich erreichen wir die Brücke – Noah macht Fotos und ein Selfie vor DER Werbung mit einem Läufer. Auf der Brücke teilt sich er Menschenstrom zwischen Shopping und Essen. Daneben gibt’s noch den Rotlichtbezirk. Der Essbezirk beginnt mit einem mehrgeschossigen Krebslokal: Der riesige Krebs aus Plastik, von innen beleuchtet zeigt es an. Noah isst leider Krebs nicht. Daher werden wir nie wissen was dort so besonders war. Gut, dass ich Riesenkrebs in der Nordsee am Polarkreis gefischt und gegessen habe. Frischer kann er in Osaka auch nicht sein. Wahrscheinlich kommt er aus der Nordsee.
Dunkel gekleidete Männer stehen herum: verkaufen sie Drogen oder bieten sie Frauen an? Wir wissen’s nicht. In Rufweite stehen Polizisten, die das Geschäft der Männer regulieren oder bewachen – wir wissen‘s nicht. Nun beginnt die Suche nach einem Restaurant. Die, die uns gefallen sind ausgebucht. Ich kann’s nicht leiden als Tourist von Speisekarte zu Speisekarte zu gehen, ich finde das entwürdigend, am schlimmsten sind die Menschen, die auch noch die Preise studieren. Noble Lokale sind überbucht, aber Noah spricht von Spezialitäten der Stadt, die er im Reiseführer gesehen hat.
Dann endlich: ein Lokal, das wir auf der einen Straßenseite abgelehnt haben, betreten wir von Gegenüber. Es ist so groß, dass es das gesamte Erdgeschoß einnimmt. Lachende Menschen, freundliche Begrüßung, nachdem wir in anderen Lokalen der Tür verwiesen wurden. Man bestellt nach scannen eines QR-Codes mittels Handys. Noah bestellt und bestellt, man soll nicht Essen kaufen, wenn man hungrig ist. Es wird so viel aufgetragen, dass zwei kleine Tische voll werden. Wir essen Gyoza, Tofu in scharfer Sauce, Leber in Gemüsesauce, gebackenen Radi, trinken japanisches Bier und bestellen noch Reis und Misosuppe zum Abschluss. Beim Nachhauseweg, den wir gerne zu Fuß machen, ist die Arkade fast leer, die Menschen haben eingekauft und gegessen; Manche vermuten wir im Rotlichtbezirk, in dem uns der Zutritt verwehrt ist und wir spekulieren, ob Japaner dort keine Ausländer wollen oder wir als alter und junger Mann die Frauen abschreckt, die Erotik verkaufen oder woran es liegt, dass wir jedes Mal völlig unbehelligt durch solche Gegenden gehen. Wir könnten jemanden fragen, wissen aber nicht wie es anfangen. Bisher haben wir erlebt, dass die Japaner unsere wiederholten Faus pas verächtlich schauend toleriert haben. Wir können das nicht auf die Spitze treiben, indem wir ein so heikles Thema ansprechen. Also gehen wir ins Hotel und legen uns schlafen. In der Nacht entsteht wieder ein kurzer Bericht.
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